Was ist richtig? Was ist zulässig? Schreibt man „Sprachvergewaltigende“ oder „Sprachvergewaltiger:innen“? Gibt es „Verschwörungstheoretisierende“? Mit Fragen solcher Art setzen sich zwei Pandemieteilnehmende in der Tagesspiegel:in auseinander. Gesprächskommentierendes.
von Max Erdinger
Im „Tagesspiegel“ ist ein Interview mit dem Vorsitzenden der Gesellschaft für deutsche Sprache erschienen. Peter Schlobinski heißt der vorsitzende Mann. Es geht um das sogenannte Gendern. Da wird der Lesende zum Lachenden und Weinenden zugleich.
Bereits die Schlagzeile verrät: Hier sind zwei kluge Köpfe dem Mysterium detektivisch auf der Spur. Die Schlagzeile: „Soll da wegen einer Gesinnung gegendert werden?„. Dem Zeilenschlagenden scheint also nicht klargewesen zu sein, daß es beim Gendern nicht um Gesinnung geht, sondern darum, die Biegsamkeit der Gummibärchen zu bewahren. Aber vielleicht bin ich ein mich Täuschender und es geht beim Gendern tatsächlich um die Zwangsetablierung einer bestimmenden Gesinnung.
„Streit um Sternchen und Doppelpunkt: Der Vorsitzende der Gesellschaft für deutsche Sprache warnt Behörden vor dem eigenmächtigen Ändern von Schreibnormen.„, heißt es im Teaser. Das Problem scheint also weniger im Ändern von Schreibnormen zu liegen, sondern mehr an der Eigenmächtigkeit, welche Behörden dabei an den Tag legen. Das ist verständlich. Wozu bräuchte man schließlich eine Gesellschaft für deutsche Sprache, wenn ihr Vorsitzender von den Behörden einfach so eigenmächtig übergangen werden kann? Da braucht man schon ermächtigte Behörden, keine eigenmächtigen. Damit der Gesellschaft für deutsche Sprache – insbesondere ihrem Vorsitzenden – die Flüssigkeit nicht „über“ wird.
Die Tücken der emotionalen Debatte
„Im Interview mit dem Tagesspiegel schaltet er sich in die emotionale Debatte um geschlechtergerechte Sprache ein und warnt, dass diese viele Tücken hat und nicht von der Empfehlungen des Rats für Rechtschreibung legitimiert ist.“ – Da haben wir den grünen Salat: Keine Legitimation von „der Empfehlungen“ des Rats für Rechtschreibung. Beim Gendern der Behörden scheint es sich also um etwas zu handeln, das mit dem Sprechen ohne Führerschein auf derselben Verwerflichkeitsstufe steht. Da wird der Rationalste zum emotional Debattierenden. Aber gibt es überhaupt eine „geschlechtergerechte Sprache“? Und wo genau läge ihr Unterschied zur „sozialgerechten Sprache“ oder zur „rassengerechten Sprache“? Wie müsste man legitimiert formulieren, um den Sachverhalt wiederzugeben, daß sich eine schwarze Hauptsprachröhrende von „Black Lives Matter“ nicht nur ein wahres Immobilienimperium zusammenaktiviert hat, sondern daß diese Immobilien zum Teil auch noch in rein weißen Wohngegenden zu finden sind? Ist man eigentlich legitimiert, „rein weiß“ zu schreiben, oder müsste es „reinweiß“ heißen? Es heißt ja auch „dunkelblau“ und nicht „dunkel blau“. Wieviele Gerechtigkeiten gibt es überhaupt? Das sind so Fragen.
Der Interviewführende vom „Tagesspiegel“, Herr Georg Ismer, stellt trotzdem ganz andere. „Ganz“ ist übrigens auch ein Wort mit einer bemerkenswerten Karriere. Ist Ihnen schon aufgefallen, daß es im Deutschen kaum noch „viele Bäume“ gibt, sondern daß es zunehmend „ganz viele Bäume“ geworden sind? Und daß man das Wort „Wald“ kaum noch verwendet, um zu sagen, daß es um „ganz, ganz viele Bäume“ geht, die „wir“ wegen der ewiggestrigen Waldbrandgefahr nicht nur vor Trockenheit -, sondern auch vor der Borkenkäfer:in schützen müssen? Oder heißt es „dem Borkenkäfer:in“? Ein richtiger deutscher Satz geht heutzutage jedenfalls folgendermaßen: „Ein Jagender aus Kurpfalz, der reitet durch ganz, ganz viele Bäume und schießt – Obacht wichtig: gemeinsam – das Wild daher“. Nein, nein, Gesinnung ist nie der Grund für unlegitimierte Sprachänderungen. Und eine infantile Gesinnung schon gar nicht. „Schon gar nicht“ ist übrigens die Steigerung von „nie“. Nie – schon gar nicht – never ever.
Hier also die erste Ismerfrage: „Herr Professor Schlobinski, eigentlich ist der Fall ja klar, die Gesellschaft für deutsche Sprache sagt: Gendersternchen und Co. sind mit deutscher Rechtschreibung nicht vereinbar.“ – Na gut, habe ich mich eben getäuscht. Das ist gar keine Frage, sondern die Feststellung, daß eigentlich alles klar sei. „Eigentlich alles“ heißt dasselbe wie „eigentlich nicht alles“. Wahrscheinlich hat der Ismer vom „Tagesspiegel“ das „eigentlich“ eingeschoben, damit er das Gespräch mit dem Herrn Professor Vorsitzenden fortführen kann, obwohl schon alles klar ist. Vielleicht schwätzt er gern, der Ismer, wer weiß?
Die Worte des Vorsitzenden
Jetzt aber der vorsitzende Herr Professor Schlobinski: „Ja, es gibt zwei Extrempole: Die einen, die das verteufeln und von der Verhunzung der deutschen Sprache sprechen. Dann haben wir den anderen Pol, der – ideologisch und emotional aufgeladen – versucht, bestimmte Formen durchzusetzen. Und einen Mittelweg, wie ihn die Gesellschaft für deutsche Sprache geht. Es geht ja im Kern um gesellschaftliche Auseinandersetzungen und dahinter stehen Machtkämpfe. Fangen wir mal bei der Grundprämisse an.“ – Extrempole und Grundprämissen also. Der Südpol ist der Extrempol zum Nordpol, während die einfache Prämisse irgendwo zwischen den Extrempolen grundlos umherschwebt, es sei denn, die Prämisse wäre eine Grundprämisse. Wie schön, daß die Gesellschaft für deutsche Sprache einen Grundvorsitzenden hat, der kein Extrempol ist. Obwohl: Schlobinski? Nein, Herr Professor Schlobinski ist kein Extrempol. Das läßt sich daran erkennen, daß er mit seiner Gesellschaft „einen“ – von mehreren? – „Mittelweg geht“. Ein Sprachgesellschaftsgang über die Mittelwege zwischen den Extrempolen sozusagen. Ist „Pol Pot“ eigentlich ein Synonym für „Extrempol“? Na egal, es geht weiter mit der „Grundprämisse“.

Der Fragen-Ismer vom „Tagesspiegel“ will wissen: „Die da wäre?“ – und der Herr Professor antwortet: „In Deutschland ist es zum Glück so, dass jeder so sprechen und schreiben kann, wie er verstanden und gelesen werden will. Das ist zunächst einmal die Grundlage und dann gibt’s eine Normierung auf der Ebene der Orthografie. Da ist der Rat für Rechtschreibung zuständig und der regelt, welche Schreibungen zugelassen sind.“ – Wenn das mal nicht ganz, ganz falsch ist. In Deutschland kann eben nicht jeder so sprechen und schreiben, wie er verstanden und gelesen werden will, weswegen eine anderslauternde Behauptung auch keine Grundlage für die Grundprämisse darstellt. Wenn man so spricht und schreibt, wie man verstanden werden will, dann schützt es einen nicht vor einer Beleidigungsklage, statt „dumme Sau“ ein orthografisch falsches „duhme Sau“ verwendet zu haben. Vor allem dann nicht, wenn man es auf eine der ganz, ganz vielen höhergestellten Personen unter den Regierenden der Regierten gemünzt hätte. Ällerbätsch! – Konjunktiv! Konjunktiv! – münzt man nicht, münzt man nicht!
Der vorsitzende Professor der Gesellschaft für deutsche Sprache weiter: „Dazu gehört dann auch, ob ich ein Sternchen als orthographische Zeichen einführe, zum Beispiel als Trennzeichen, als Morphemgrenze. Wenn ich so was habe wie Lehrerinnen, dann kann ich das Silben bezogen trennen. Aber dann wird ja nach Lehrer das Sternchen eingefügt. Und da hat auch der Rechtschreibrat kürzlich mitgeteilt, dass die Schreibung mit dem Asterisk oder mit dem Doppelpunkt oder mit Unterstrich oder mit Binnen-I, dass dies nicht gedeckt ist durch das Regelwerk.“ – Au weia, au weia. Ein einziges Sternchen als (ganz, ganz viele) orthografische Zeichen? Hätte er nicht „orthografisches Zeichen“ (nur, nur eines) sagen müssen, wenn es nur um ein Sternchen geht und nicht um ganz, ganz viele? Und wirklich „Silben bezogen trennen“? Oder doch eher“ silbenbezogen trennen“? Die Gender-Schreibweise wäre auch nicht durch das Regelwerk gedeckt? Braucht irgendeine Schreibweise überhaupt Deckung? Darf ein Schlagloch auch ohne Warnschild ein Schlagloch sein? Woher diese Fixierung auf Deckung? Reicht es nicht, daß der Keiler die Wildsau deckt, damit genügend Wild zwischen ganz, ganz vielen Bäumen vorhanden ist, die das Jagendenkollektiv aus Kurpfalz dann daherschießen kann? Fragen über Fragen sind das, die da offen bleiben im „Tagesspiegel“. Das scheint mir kein gutes Blatt zu sein, dieser „Tagesspiegel“.
Unverschämte Bürokraten
Jedenfalls setzen sich Verwaltung und Behörden ganz, ganz oft über das Regelwerk hinweg, behauptet der fragenstellende Georg Ismer. Deshalb kommt er auch zu der Frage, ob da nicht etwa „Wildwuchs“ entstehe. Gut, daß er Herrn Professor Schlobinski gefragt hat, weil der nämlich die Antwort kennt.
„Für die offizielle Schreibung, um die geht es hier, also Institutionen, Verwaltungen, Schule, Universitäten, dafür haben wir ja den Rechtschreibrat und das ist die Norm, an die wir uns zu halten haben. Und wir als Gesellschaft für deutsche Sprache halten uns auch da dran. Also wenn jetzt jeder davon abweicht – wir haben in Hannover den Stern, in Lübeck den Doppelpunkt -, dann führt das zu einer nicht vereinheitlichten Rechtschreibung. Und das deckt sich einfach nicht mit dem Auftrag, den die Kultusministerkonferenz dem Rechtschreibrat gegeben hat, und dem ich auch folgen würde. Ansonsten können Sie, zum Beispiel in Ihrer Tageszeitung, letztlich machen, was Sie wollen.“ – Es geht also gar nicht so sehr um die ideologische Schwachsinnigkeit hinter dem Bemühen, per orthografischer Änderungen einen ach-so-löblichen „breiten Gesinnungswandel“ herbeizuführen entlang der Idee, daß Sprache das Denken formen könnte, sondern es geht um eine „nicht vereinheitlichte Rechtschreibung“.
Da sind meiner Meinung nach einfach Liberalität & Fairness angezeigt. Die Genderschreibweisen sind schon optisch so dämlich wie sie beim Sprechen klingen, daß man zum sprachgerechten Dämlichkeitsausgleich auch anderen Änderungen der Sprech- und Schreibweise ganz, ganz viel ungedeckten Raum geben sollte. Ich sehe kein Problem darin, „Migrationshintergründler:in“ zu schreiben, solange diejenigen „Negerfrau“ schreiben dürfen, denen „Migrationshintergründler:in“ nicht gefällt. Da ist Toleranz gefragt. Das lateinische „tolerare“ heißt „etwas ertragen, aushalten“. Freilich ist wahr, daß die gesinnungsdiktatorischen Sprachpanscher in ihrem Gerechtsprachenwahn nicht gerade die Weltmeister:innen der Gesinnungstoleranz sind. Weswegen meinemeinen auch das Herz vor Schadenfreude im Leibe hüpft, wenn sie vor Schmerzen quieken wie jene „duhme Sau“, die zwischen ganz, ganz vielen grünen Bäumen vom Jagendenkollektiv aus Kurpfalz dahergeschossen wird. Wildwuchs entsteht übrigens, wenn der Keiler – und nicht das Regelwerk – die Wildsau deckt. „Regelwerk, Regelwerk“, singt der regelgeile Zwerg.
Freiheit durch Freistellung
Als nächstes plaudert der Fragen-Ismer aus, daß es ihm beim „Tagesspiegel“ freigestellt sei, ob er lieber gendern -, oder ob er das generische Maskulinum beibehalten will. Darüber, ob er sich als Bedingung für das freigestellte Gendern zuerst das biologische Maskulinum zwischen seinen beiden großen Zehen amputieren lassen mußte, erfahren „wir“ nichts, obwohl „wir“ natürlich neugierig sind. Das ist schade. Zur Freigestelltheit des Tagesspiegelnden fällt dem Herrn Professor Vorsitzenden Schlobinski von der Gesellschaft für deutsche Sprache immerhin das Folgende ein: „Ja, das fördert nicht die Einheitlichkeit, aber besser als der Gebrauch falscher Formen„. – ?? Hier fehlt dem Sprachgesellschaftsvorsitzenden Schlobinski die Satzaussage. Da müsste ein “ … ist es allemal“ folgen. Folgt aber nicht. Der Professor für satzbauliche Unvollständigkeiten aller Art weiter: „Wenn man jetzt mal noch linguistischer ein bisschen genauer hinschaut und sieht, was da alles plötzlich für Formen entstehen, ist das schon etwas bizarr.“ – Da hat er recht. Noch linguistischer und ein bißchen genauer hinzuschauen, reicht völlig aus, um zu erkennen, daß es „etwas bizarr“ wird wegen der ganz, ganz vielen, plötzlich entstehenden Formen. Da das aber erst so ist, wenn man – am besten: gemeinsam – noch linguistischer und ein bißchen genauer hinschaut, – ja Himmel – dann schaut man eben nicht noch linguistischer und ein bißchen genauer gemeinsam hin. Schon gibt es kein Problem mehr.
Konstant immer: Massive Umsetzungsprobleme
Der Sprachgelehrte: „Selbst die, die es umsetzen wollen, haben da massive Probleme, das konstant immer umzusetzen. Also wenn sie sowas nehmen wie Bürgertum oder meinetwegen Judentum, dann würden sie da ja Bürger:innentum oder Jüd*innentum schreiben. Oder nehmen Sie die neutrale Form des generischen Maskulinums: Deutsch ist jeder Staatsbürger, der… Aber wenn Sie sowas jetzt mit Sternchen schreiben würden, dann hätten Sie also Deutsche*r ist jede*r Staatsbürger*in, die/der. Das führt zu sperrigen Schreibungen. Und ich glaube, dass dafür die Akzeptanz sehr gering ist.“ – Aha, nicht nur die erodierende Vereinheitlichung der Sprache wäre also ein Problem beim Gendern, sondern auch die möglicherweise fehlende Akzeptanz für die sich ergebende Sperrigkeit. Ganz, ganz viele Sperrigkeiten, um genau zu sein. Und „massive Probleme“ ergibt das natürlich, wenn man versucht, das Gendern „konstant immer umzusetzen“. Das habe ich selbst schon konstant immer gesagt. Obwohl ich noch nicht einmal Professor Vorsitzender irgendeiner Gesellschaft bin. Wenn man ein bißchen genauer hinschaut, kann man also sehen, daß es nicht nur „natürliche Personen“ gibt, sondern auch „natürlich schlaue Personen“, die gar nicht erst Professor Vorsitzender werden müssen, um als clever durchzugehen. Und wieso überhaupt „Jüd*innentum“ mit „ü“? Das müßte doch „Jud*innentum“ heißen, wenn es das Sternchen sein soll, das den Unterschied zwischen dem Juden und der Judin markiert. Entweder Sternchen oder „ü“. Sternchen und „ü“ ist doch „doppelt gemoppelt“? Man sagt ja auch nicht „Deutscher“ und „Dütsche“, ganz egal, wie linguistisch man sich das ein bißchen gemeinsam genauer anschaut als Christ und Christine so.
Böse Kritiker
Auf alle Fälle fängt der Hund auch Gummibälle, wenn er ein bißchen genauer hinschaut- und der Fragen-Ismer vom „Tagesspiegel“ macht endlich „Fass!“. Er behauptet: „Kritiker des Gendern betonen, dass sich hier eine Ideologisierung der Sprache schon darin zeige, dass andererseits Begriffe wie Terrorist, Rassist oder Verschwörungstheoretiker nicht „gegendert“ würden.“ – Als ob das ein massives Problem wäre, das „konstant immer weiter“ bestehen muß, ohne daß es dafür ganz, ganz viele Lösungen gäbe, die sich gemeinsam finden lassen, wenn man ein bißchen linguistischer hinschaut. Dann schreibt man eben einfach „Terrorisierende“, „Rassistierende“ und „Verschwörungstheoretisierende“, ersatzweise „Terrorist:innen“, „Rassist:innen“ und „Verschwörungstheoretiker:innen“. Außerdem würde man den Sprachgenderist:innen auch äußerlich eine große Freude damit machen. Jeden Tag eine gute Schrift- und Sprachtat, sozusagen.

Man kann sich und Anderen das Leben natürlich auch schwer machen, wenn man ein bißchen genauer nachdenkt, um massive Probleme zu identifizieren, die gar keine sein müssten. Trotzdem: Heißt es wirklich „Kritiker des Gendern“, oder müsste das nicht „Kritiker des Genderns“ heißen? Wegen des Genitivs, meine ich. Oder wäre das erst dann eine massive Problemfrage, wenn man „Gendern“ eindeutschen und „Tschändern“ schreiben würde? „Des Gendern“ also, aber „des Tschänderns“? Vielleicht frage ich einmal jemanden, der sich damit auskennt. Dem vorsitzenden Professor Schlobinski von der Gesellschaft für deutsche Sprache kann man da nicht so ohne weiteres über den Weg trauen, glaube ich. Wenn der tatsächlich so spricht, wie ihn der „Tagesspiegel“ in seinen Antworten zitiert, klingt er mehr wie ein Extrempol, nicht wie ein Sprachgelehrter. Das ändert sich auch nicht, wenn ich „konstant immer weiter“ darüber nachdenke.
Die Absichtsfrage
Aber zurück zur Frage des Tagesspiegelnden an den Extrempol, welche die Kritiker des Tschänderns zum Gegenstand hatte. Die Antwort des Sprachgesellschaftsvorsitzenden: „Ja, es geht hier immer um den Kontext. Soll da wegen einer Gesinnung gegendert werden? Will man da gendern und macht das überhaupt Sinn? Deswegen gibt es keine einheitliche Lösung. Sie werden keine durchgängige Regelung haben, sondern Sie werden also immer sagen können, Sie haben bestimmte Formen.“ – Der sprachgesellschaftlich vorsitzende Linguist scheint ein wahrer Fettnäpfchenumgehungskünstler zu sein. Soll da wegen einer Gesinnung getschändert werden? – Im Leben nicht! Will man da gendern und macht das überhaupt Sinn? – Pah, niemand will gendern, alle müssen bloß. Weiß der Kuckuck, warum.
Jedenfalls ist die ganze Tschänderei im Deutschen hauptsächlich eine Formfrage, weniger eine Ideologiefrage. „Gottseidank“, möchte ich anfügen. Weil sonst vielleicht noch jemand ein bißchen genauer hinschauen könnte, um dann bei der lästerlichen Frage herauszukommen, ob die genderistischen Sprachtschänder des Deutschen etwa „duhme Säue“ sein könnten, welche „konstant immer weiter duhme Säue“ bleiben wollen, indem sie nichts als „massive Probleme“ produzieren, die kein Deutscher braucht, weil er wegen der Kanzlerin ohnehin schon ausreichend mit Problemen versorgt ist. Dem Himmel sei Dank, daß die ganze Tschänderei hauptsächlich eine Formfrage ist.
Trotzdem werde ich den Verdacht nicht los, daß es denoch eine Ideologiefrage sein könnte – und daß das auch deutlich geworden wäre, wenn nicht der Fragen-Ismer vom „Tagesspiegel“ den vorsitzenden Sprachgelehrten interviewt hätte, sondern ich selbst. Zum Glück hatte ich noch nie das Verlangen danach, den vorsitzenden Professor der Gesellschaft für deutsche Sprache zu interviewen. Sonst wäre die Tschänderei ab sofort eine Ideologiefrage. Da bin ich mir – „sage ich jetzt mal“ – ganz, ganz sicher, „irgendwie“ …