Schön langsam: Die Kommunistenpappe - Foto: Imago

Tempolimit: Wird Deutschland endgültig gar zum Pennerstaat?

Es ist anzunehmen, daß noch dieses Jahr ein allgemeines Tempolimit für deutsche Autobahnen eingeführt werden wird. Zu befürchten ist außerdem, daß es eher nicht bei 300 km/h liegen wird, sondern wahrscheinlich bei 120 oder 130. Gähn. In der „Wirtschaftswoche“ gibt es einen Artikel dazu, der wieder einmal beweist, daß Argumente immer seltener wirklich das sind, was man in Redaktionen für welche zu halten vorgibt. Die Stellungnahme des Experten.

von Max Erdinger

Zuerst braucht die Redaktion einen weißen Mann, der gern schnell fährt, wenn es die Verkehrslage zuläßt. Logisch, daß es sich nicht um Lewis Hamilton handeln kann. In der „Wirtschaftswoche“ heißt der Freund der Geschwindigkeit Mario Müller und er rast auf den Autobahnen im nicht so dicht befahrenen Emsland wie bekloppt durch die Gegend. Nie würde der Mario Müller sich ein langsames Auto kaufen, läßt ihn die Redaktion sagen – und schon hat man sich einen konstruiert, den man dumm dastehen lassen kann. Der konstruierte Müller ist nämlich Rallyefan. Richtig schnelle Rallyefahrer heizen mit 180 Sachen auf nichtasphaltierten Waldwegen durch den grünen Thann, so daß sich die zarten Rehlein freiwillig orangefarbene Warnwesten anziehen, um nicht unter die Räder zu kommen. Rallyefahrer sind unvernünftige Leute. Ach was, wahre umweltverachtende Teufel sind das. Dumm bis dort hinaus.

Doch der Druck auf die Schnellfahrer steigt, seit Jahren fordern etwa Politiker der Grünen ein allgemeines Tempolimit. Doch die Tage der sprichwörtlichen „freien Fahrt für freie Bürger“ dürften auch ganz ohne die Politik gezählt sein. Zumindest für die überwiegende Masse der Pkw.„, schreibt die „Wirtschaftswoche“.

Und dann erzählen sie die story vom gräßlichen Paternalisten-Volvo und seinen debilen Kunden. Der gräßliche Paternalisten-Volvo kann schon ab Werk nicht mehr schneller als 180 fahren. Weil er bei 180 technisch abgeregelt wird. Gähn. Den Volvo-Kunden gefällt das, wenn sie nicht mehr selber entscheiden müssen, keinesfalls 181 zu fahren. Verpeilte Schnarchnasen eben.

Mit dem Tempolimit ist es nämlich so: Wer nur 120 oder 130 Sachen schnell fahren will, der kann das nicht länger mehr von selber so machen. Er braucht ein Tempolimit, das ihm untersagt, etwas zu tun, das er ohnehin nicht tun wollte. Und alle, die schneller fahren würden, wenn es die Verkehrslage zuläßt – zu anderen Zeiten ginge es ja auch schlecht – die brauchen ein Tempolimit, damit sie nicht mehr selber entscheiden können, wie schnell sie fahren wollen. Das läuft wie üblich unter „wir“. Also: „wir müssen“, „wir brauchen“ und „wir dürfen nicht“. In Deutschland ist es üblich geworden, „wir“ zu sagen, wenn „ihr“ gemeint ist. Kennzeichen „D“ wie „Depp“. Gähn. Um ein Deppenland muß es sich handeln, wo man mehrheitlich glaubt, es gebe so etwas wie eine „überhöhte Geschwindigkeit“, die auch auf einer freien Autobahn vorkommt.

Vom Automobil zur Wellblechhütte

Tatsächlich gab es hin und wieder Leute, die in ganz bestimmten Situationen zu schnell unterwegs gewesen sind, weswegen sich ihr Automobil in eine Wellblechhütte verwandelte, deren individuelles Tempolimit fortan bei 0 km/h lag. Was einige der frischgebackenen Wellblechhüttenbesitzer aber nicht mehr weiter störte, weil ihre Seelen ohnehin direkt von der Wellblechhütte in den Rallyehimmel aufgestiegen sind. Aus Gründen der Verkehrssicherheit ist eine solche Trennung von Seele und Blech durchaus zu begrüßen. Man kann nichts dagegen haben, wenn jemand nur ein einziges Mal zu schnell fährt.

Ärgerlich ist, daß die „Wirtschaftswoche“ ihren Lesern wieder mit einem „Experten“ kommt, der alogischen Stuß erzählt. Weil das im Grunde eine Beleidigung des Lesers ist, dem man offensichtlich gar keinen Verstand mehr zutraut.

Die Wirtschaftswoche: „„Die Prioritäten der Kundinnen und damit die Anforderungen an Technik und Design ändern sich“, sagt Peter Mertens. Der promovierte Ingenieur hat sein Leben lang als führender Entwickler für die Autos sehr schneller Marken gearbeitet und daran geforscht, sie immer noch schneller und sportlicher zu machen: für Jaguar und Audi, etwa. Nun sagt er: „Für das Rasen mit über 200 gibt es nur emotionale, aber ehrlich gesagt kein einziges rationales Argument.“ – und das ist der Beweis, daß auch ein Ingenieur nicht immer die Bedeutung des Wörtchens „nur“ kennt. Vermutlich könnte er nicht einmal erklären, warum die Emotion ein vorangestelltes „nur“ braucht, die Ratio allerdings nicht. Ja, es macht Spaß, auf einer fast leeren Autobahn schneller als 200 zu fahren. Das scheint auch das ganze Problem zu sein. Obwohl es fast leere Autobahnen – dem zulässigen Narrativ zufolge – nur selten und zu ganz bestimmten Tageszeiten gibt. Der teutsche Obrigkeitsmichel braucht also wieder einmal jemanden, der ihm – wichtig: rational – erklärt, warum „nur“ die Lebensfreude kein ausreichender Grund ist, um auf einer fast leeren Autobahn schneller als 200 zu fahren. Damit es der Michel hernach auch so richtig „wissen“ kann. Weil es ihm der Experte erklärt hat.

Krieg und Frieden

Die „Wirtschaftswoche“: „Doch auch der Burgfrieden zwischen Politik und Autobauern dank der freiwilligen Selbstbeschränkung bei 250 km/h dürfte nicht mehr lange halten. „De facto kann man solche Tempi ja ohnehin fast nirgends mehr in Deutschland fahren“, sagt Stefan Bratzel, Professor am Center for Automotive Management der FH Bergisch Gladbach„. – und Professor muß man schon sein, um erklären zu können, warum etwas verboten werden soll, von dem man überzeugt ist, daß es ohnehin fast nirgends mehr möglich ist. Ob der Professor wohl schon einmal über ein nächtliches Alkoholverbot für die Friedhofsbewohner nachgedacht hat?

Ehrlich gesagt ist es zum Kotzen, was sich der teutsche Michel alles als „vernünftig“ andrehen läßt. Meinereiner hat über 3,5 Mio. Kilometer unfallfrei zurückgelegt und ist nicht ein einziges Mal schneller gefahren, als es möglich gewesen ist. Fast immer fuhr er, so schnell es ging. Daher die Unfallfreiheit. Soll er mal ein Geheimnis verraten? Schneller als 200 geht öfter, als der unbedarfte Verzagte wahrscheinlich annimmt. Und es wird meinemeinen nicht leicht weiszumachen sein, daß „vernünftig“ sei, auf einer fast leeren Autobahn mit 120 oder 130 dahinzuschleichen und darüber depressiv zu werden, anstatt lebensfroh und optimistisch die Pferdchen mit 220 oder 230 galoppieren zu lassen. Davon, daß man es unterließe, würde das Weltklima nämlich nicht fett werden.

Verrrbot ist verrrnünftig!

Es geht den teutonischen Verbotsfetischisten wieder einmal darum, todsicher auszuschließen, daß jemand eigene Entscheidungen trifft, deren einzige Begründung die ist, daß er sie aus purer Lust am Leben getroffen hat. Das darf nicht sein. Nach zivilreligiösen Maßstäben ist Lebensfreude eine Sünde. Keine Sünde ist es aber, Mehrwertsteuer, Kfz.-Steuer, Mineralölsteuer und Ökosteuern – kurz: Steuern – zu zahlen, die ihrer Höhe nach zwar indirekt- , dennoch aber wesentlich davon abhängen, wie schnell ein Auto fahren kann. Und richtig deprimierend ist, daß „wir“ inzwischen ganz andere Probleme haben, als daß „wir“ uns noch groß über die Einführung eines mit Schwachsinnsargumenten begründeten Tempolimits aufregen würden. Es bleibt ja auch bei dem tröstlichen Wissen, das man bisher schon hatte: Wenn das Autofahren so richtig Spaß machen soll, sucht man eine seiner bevorzugte Lieblingsstrecken auf, um es einmal so richtig krachen zu lassen. Das ist immer eine kurvenreiche, bucklige und geflickte Landstraße zweiter oder dritter Ordnung mit unregelmäßigen Kurven und Obstbäumen ganz nah am Straßenrand, deren Verlauf man im Schlaf auf der Ideallinie nachfahren könnte, so gut kennt man sie. Dort läßt sich das Auto an die Grenzen seiner Möglichkeiten bringen – und es ist ein tolles Gefühl, wenn man seinen alten Streckenrekord gebrochen hat. Weil man´s eben kann – und die meisten anderen eben nicht. Da man sich sein Leben lang einen Kopf gemacht hat zu der Frage, wie man etwas so gefährliches wie das Autofahren so anstellen kann, daß einem nichts passiert dabei. Im Gegensatz zu den Volvo-Trotteln. Denen muß man erst alles verunmöglichen, was sie ansonsten todsicher falsch machen würden.

Trotzdem: Mitten in der Nacht vom Gambacher Kreuz mit 120 Sachen bis zum Seligenstädter Dreieck durch die Dunkelheit zu zuckeln, ist eine Aussicht, auf die sich wirklich nur absolute Vollidioten freuen können. Gähn.

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