Der Berliner „Tagesspiegel“ mimte den Sherlock Holmes im Blätterwald und wollte die knifflige Frage beantworten, wer wohl hinter #allesdichtmachen steckt. Dabei bewiesen die Tagesspiegelanten Andreas Busche, Hannes Soltau, Julius Geiler und Matthias Gell große Kombinationsgabe. Sie kombinierten Dummheit mit Besserwisserei. Dadurch konnten sie überhaupt erst die Witterung aufnehmen. Ihr Zwischenbericht zum Stand der Ermittlungen: Eine Spur führt ins Querdenker-Milieu. Was werden die Meisterdetektive noch herausfinden? Es bleibt spannend. Der Investigativreport.
von Max Erdinger
Das Motto der 1945 gegründeten Zeitung „Der Tagesspiegel“ lautet „rerum cognoscere causas“. Vor 76 Jahren reichte das noch aus, um den frisch eingestellten Redakteuren eine Jobbeschreibung an die Hand zu geben. Im Lauf der Jahre wurde jedoch eine Übersetzung notwendig, weil offenbar kaum ein Redakteur noch des Lateinischen mächtig gewesen ist. „Die Ursachen der Dinge erkennen“, lautet die Übersetzung. Heute stellt sich heraus: Die Redakteure sind wahrscheinlich nicht nur des Lateinischen nicht mehr mächtig. Dem Optimismus in der Redaktion kann das aber keinen Abbruch getan haben. In Zeiten, in denen weithin akzeptiert ist, daß jeder sich seine eigene Realität konstruiert, entschloß man sich offenbar hoffnungsfroh, so zu tun, als habe man versucht, die Ursachen der Dinge zu erkennen. Das wahrscheinliche Kalkül der Optimisten: Dem Leser werde schon verborgen bleiben, daß man es mangels Intellekt nicht einmal mehr versuchen konnte. Anders ist ein Artikel wie der hier kaum zu erklären.
Eine heiße Spur
Wann liest man normalerweise, eine Spur führe irgendwohin? Wenn es um Berichte zu Kriminalfällen geht. Daher mein Verdacht, die obengenannten Herren könnten sich bei der gemeinschaftlichen Abfassung gegenseitig die Tabakspfeifen in den Mund gesteckt – und munteren Lupentausch untereinander betrieben haben, damit sie sich auch wirklich vorkommen wie ein Sherlock-Holmes-Kollektiv. Vielleicht hat Giovanni di Lorenzo, einer der beiden Herausgeber des „Tagesspiegel“ und zugleich Chefredakteur der Wochenzeitung „Die Zeit“, eine krächzende Weise auf der Fidel zur atmosphärischen Authenzität im Investigationskollektiv beigesteuert, wer weiß? Wo führen die Spuren bei Kriminalfällen immer hin? – In ein Milieu. Im gegenständlichen Kriminalfall führt die Spur in das Querdenker-Milieu. Das ist so ein Milieu, dieses Querdenker-Milieu. Das kann ich Ihnen sagen. Im Querdenker-Milieu möchten Sie nicht tot über dem Zaun hängen, so ein Milieu ist das. Pfui Teufel. Dieses gräßliche Milieu umfaßt alle Gesellschaftsschichten, was es auch so kriminell und gemeingefährlich macht. Nicht einmal beim eigenen Hausarzt kann man sich noch sicher sein, daß er nicht dem Milieu angehört. Die Mafia ist ein Kindergarten dagegen.
Bisher wurde Folgendes bekannt: „Noch immer beschäftigt #allesdichtmachen die Öffentlichkeit.“ Das ist schon schlimm genug, aber es kommt noch schlimmer, denn: „Nun zeigt sich: Die Aktion war ähnlich akribisch geplant wie eine Tatort-Produktion.“ – Da gefriert „uns“ das Blut in den Adern, nicht wahr? Womöglich waren die Filme um den Gerichtsmediziner Prof. Boerne, den Kommissar Thiel, dessen kiffenden Hippie-Vater und die gerichtsmedizinische Assistentin mit dem Decknamen „Alberich“ gar nicht das, wofür „wir“ sie immer gehalten hatten: Tatort-Produktionen. Was, wenn es sich in Wahrheit um „Tatort“-Aktionen gehandelt hätte, bei denen uns unterhalb der Wahrnehmungsschwelle subliminale Botschaften aus dem Milieu ins Hirn eingepflanzt worden sind? So etwas kann leicht passieren, wenn man es mit einer Aktion zu tun hat, die einer Produktion zum Verwechseln ähnlich sieht. Wurden „wir“ alle übelst hinters Lichtspielhaus geführt? Sind „wir“ alle zu Opfern einer kriminellen Clique geworden? Das sind die Fragen, die „wir“ uns nun schonungslos zu stellen haben.
Der Pate
Wie weit man als Investigativer kommt, selbst wenn man sich nur einbildet, einer zu sein, verdeutlicht eine Erkenntnis, die sich beim Sherlock-Holmes-Kollektiv des „Tagesspiegels“ einstellte, als sie jener Spur folgten, die ins Milieu führte. Der Pate heißt Dietrich Brüggemann, wenn das sein wahrer Name sein sollte. Der Finsterling hat jedenfalls bei drei Tatortfolgen Regie geführt unter diesem Namen. Aber es könnte noch einen zweiten Paten geben. Im Milieu kennt man ihn unter dem Namen Thomas Bohn. Er hat sogar Regie bei 20 Tatort-Aktionen geführt, die wie Produktionen aussahen. Das Investigativquartett: „Die Dichte an „Tatort“-Ermittlern lässt also weniger auf ein Querdenker-Problem bei den Öffentlich-Rechtlichen schließen. Es legt vielmehr den Verdacht nahe, dass Brüggemann und Bohn im erweiterten Bekanntenkreis Mitstreiter:innen rekrutierten. 14 Beteiligte haben in der Vergangenheit mit Brüggemann gearbeitet.“ – Ha, „Beteiligte“! Das sind „Tatbeteiligte! Und „rekrutierte Mitstreiter:innen“? Da warne ich doch gleich einmal vor. Machen Sie sich darauf gefaßt, daß Ihnen die subliminalen Milieubotschaften fürs Unterbewußtsein von den „rekrutierten Mitstreitern“ nicht an dem Ort ins Hirn eingepflanzt worden sind, wo sie sich während des Lockdowns meistens aufgehalten haben, „innen“ nämlich. Höchstwahrscheinlich ist der Doppelpunkt der gefährlichste in der ganzen Bande. Der hat Sie so verwirrt, daß Sie Aktion mit Produktion verwechseln mussten. So viel Perfidie auf dieser schlechten Welt. Ein Doppelpunkt als Täter …ä …terä ..t-tä …Tuendes!
„Er nun wieder“
Daß es bei den Öffentlich-Rechtlichen kein Querdenker-Problem gibt, hätte ich Ihnen aber auch ohne den „Tagesspiegel“ sagen können. Das Problem, das es dort gibt, ist ein Nichtdenker-Problem, euphemistisch verbrämt als Gleichdenker-Problem, damit die Absenz allen Denkens nicht sofort bemerkt wird. Es sieht sehr danach aus, als sei im Öffentlich-Rechtlichen-Milieu irgendwann in den vergangenen Jahrzehnten ein Unvereinbarkeitsbeschluß gefaßt worden, in dem festgelegt wurde, daß „Denken“ und „Öffentlich-Rechtliche“ inkompatibel zu sein haben.
Solche Unvereinbarkeitsbeschlüsse sind schließlich zunehmend populär geworden, zum Beispiel bei Kaffeehauspächtern. Zwar wollen sie Kaffee verkaufen, aber nicht um jeden Preis. Unvereinbar mit ihrem Verkaufswillen ist oft die Parteizugehörigkeit der potentiellen Kaffeekäufer. Sind sie in der AfD, ist der Verkaufswillen der Pächter mit dem Trinkwillen der potentiellen Kaffeekäufer unvereinbar. Unvereinbarkeitsbeschlüsse werden gern mit Tesafilm an Eingangstüren festgeklebt. Damit der Demokrat weiß, wo er einen anständigen Kaffee bekommt. Anstand ist nämlich wichtig. Auch beim Kaffee. Tesafilme sind übrigens weder Aktionen noch Produktionen, sondern einfach nur klebrige Filmrollen. Die wiederum sind etwas anderes als Rollen im Film. Aber das würde jetzt zu kompliziert werden, um es noch näher auszuführen. Jan-Josef Liefers, Martin Brambach, Heike Makatsch und die anderen Tatbeteiligten aus dem Milieu, in welches die Spur führte, hatten jedenfalls noch nie irgendwelche Filmrollen, sondern immer nur Rollen im Film. Wenn es nicht Rollen in der Aktion gewesen sind. Genau das aber bemüht sich das Sherlock-Holmes-Kollektiv des „Tagesspiegels“ herauszufinden. Es ist faszinierend, ihre Dokumentation der eigenen Scharfsinnigkeit lesend mitzuverfolgen. Weswegen Sie übrigens auch kein Leser sind, sondern ein Lesender: <– Doppelpunkt.
Vergeigte Karrieren
Das Quadrumvirat der investigativen Scharfsichtigkeit: „Die als repräsentatives Statement aus der deutschen Fernsehöffentlichkeit angekündigte Kunstaktion entpuppt sich bei genauerem Hinsehen eher als die Kampagne einer kleinen Gruppe – mit undurchsichtiger Agenda.“ – und das ist nun wirklich revolutionär. Hätten Sie gedacht, daß man eine Gruppe von 50 Reisenden in einem Kleinbus unterbringen kann? Und daß man scharfsichtig sein muß, um zu erkennen, daß etwas undurchsichtig ist? Ich verrate Ihnen etwas: Wenn jemand die Agenda der Schauspieler von #allesdichtmachen nicht erkennen kann, weil er sie für undurchsichtig hält, dann müsste der gar nicht beim „Tagesspiegel“ bleiben, sondern er könnte eine steile Karriere bei den Öffentlich-Rechtlichen machen. Da winken Intendantenjobs!
Hier die weiteren Beweise dafür, daß die Sherlock Holmse des „Tagesspiegels“ Karrierechancen übersehen haben: „In „3 nach 9“ prangerte Liefers die „Intransparenz“ der Corona-Politik an. Da überrascht es, wie klandestin gleichzeitig die Strukturen hinter #allesdichtmachen sind. Laut Webseite zeichnet der Filmproduzent Bernd Katzmarczyk alias Bernd Wunder als Geschäftsführer verantwortlich.“ – Klandestiner geht es nicht, als auf einer Webseite den Verantwortlichen für den Inhalt zu nennen. Jedes Impressum ist der Inbegriff von Geheimniskrämerei. „Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass Katzmarczyk über die Kontakte für solch eine Aktion verfügt.“ – Da könnte etwas dran sein. Katzmarczyk verfügt wahrscheinlich nur über die Kontakte für solch eine Produktion, nicht aber über die für eine solche Aktion. Und weil es sich nur um die Aktion einer kleinen Gruppe handelt, hat er sich die Adressen der Kleingruppentäter mit Tesafilm auf den Bildschirm seines Laptops geklebt. Geht gar nicht anders, wenn man denkt wie Sherlock Holmes.
„Thomas Bohn behauptet im Interview mit der „Welt“, für die er auch als Autor tätig ist, er sei von einem „Regie-Kollegen“ angesprochen worden. Hierbei kann es sich nur um Brüggemann handeln.“ – Das ist wie bei den vier Detektiven und ihrem Kollegen. Bei dem kann es sich auch nur um Dr. Watson handeln.
Aus dem Verhörprotokoll
„Weil ihm die Konzepte gefielen, habe Bohn selbst Schauspieler kontaktiert. Im Interview sagt er auch, dass er über die Beteiligung von Katzmarczyk nicht informiert gewesen sei.“ – Haben Sie auch den Eindruck, daß sich der Investigativbericht des spurenverfolgenden Quadrumvirats im „Tagesspiegel“ liest wie ein Gestapo-Bericht über die postaktionalen Interviews mit den Tatbeteiligten an der „Operation Walküre„?
„Katzmarczyk ist im vergangenen Sommer mit Querdenker-Sprüchen aufgefallen, auf seinem inzwischen privaten Instagram-Account verglich er das Virus mit einer Grippe. Er sprach von „Panikmache“ und nannte Befürworter der Maßnahmen „Coronazis“ …“ – was natürlich ganz harter Tobak für die „Covidioten“ beim „Tagesspiegel“ gewesen sein muß. So traumatisiert scheinen die dortigen „Grundrechtsleugner“ gewesen zu sein, daß sie sich entschlossen, ein scharfsichtiges Ermittlungsteam aus vier Blitzmerkern zu bilden, das dazu in der Lage ist, die undurchsichtige Agenda des komplottregieführenden Filmaktivisten, – immer der Spur ins Milieu hinterher- , als schlecht zu durchschauen und so zu entlarven.
Aber es stimmt schon: Das Coronavirus ist sozusagen das Herrenvirus unter den Viren. Dagegen kann so ein grippales Untervirus nicht anstinken. Weswegen sich auch jeder Vergleich verbietet. Es gilt: „Vergleichen verboten! Bei Zuwiderhandlung wird von der Schußwaffe Gebrauch gemacht!“
Verwerflich: Die diffuse Haltung
Der Milieu-Pate, nach dessen alleinigen Texten alle Schauspieler für die unproduzierte Aktion aktiviert worden zu sein scheinen, – wenn dem Quadrumvirat beim „Tagesspiegel“ keine Fehler bei der gewissenhaften Investigation des Undurchsichtigen unterlaufen ist -, Dietrich Brüggemann also, hat als politisch unzuverlässig zu gelten. „Seine Neonazi-Komödie „Heil“ von 2015 löst vor dem Hintergrund von #allesdichtmachen viele Déjà-vu-Momente aus: in seinem Blick auf die mediale Kommunikation, aber auch in der diffusen politischen Haltung.“ – Das diffuse Geschreibsel der Sherlock-Holmes-Simulanten beim „Tagesspiegel“ löst hingegen bei meinemeinen viele Déjà-vu-Momente aus. Das könnte an jener Geschichtskenntnis liegen, die dem detektivischen Quadrumvirat beim „Tagesspiegel“ zu fehlen scheint. Diese Momente sind allesamt irgendwo zwischen Drittem Reich und DDR angesiedelt.
„Diffuse politische Haltungen“ waren damals mindestens genauso „umstritten“ wie heutzutage. Auf die Idee, daß das „Diffuse“ nicht an der politischen Haltung des jeweils Anderen, sondern an der eigenen Paarung von Ignoranz mit Fanatismus gelegen haben könnte, kamen die medialen Systembüttel damals nicht – und die heutigen kommen in der Gegenwart nicht darauf. Für den gemeingefährlichen Simpel hat die Welt ganz klar gegliedert zu sein in gut und böse, rechts und links, schwarz und weiß. Wenn seinen Schubladisierungsfetisch etwas stört, wird er eifrig, um nicht zu sagen eifernd oder gar geifernd. Wofür der „Investigativbericht“ zur klandestinen Undurchsichtigkeit bezüglich der „Täterschaft“ hinter #allesdichtmachen ein hervorragendes Beispiel liefert. Quod erat demonstrandum. Vielen Dank, die Herren.
Kleiner Trost zum Schluß
Die verkaufte Auflage des „Tagesspiegels“ ist kaum noch der Rede wert. Sie beläuft sich auf gerade mal 108.500 Zeitungen in einer 3,5 Mio. – Einwohnerstadt. Und da sind die „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ schon dabei. Der Abonnementsanteil beträgt etwa 82 Prozent. Das heißt, daß sich am Zeitungskiosk fast niemand beim Griff nach „Tichys Einblick“ vergreift und den Laden aus Versehen mit dem „Tagesspiegel“ verläßt. Das ist die gute Nachricht ganz zum Schluß. Mit der Pamperung der darbenden Schmierantenbranche durch 220 Mio. kuscheliger Euro via Bundeswirtschaftsministerium ist auch Essig, so daß gute Aussichten bestehen, die Herren Andreas Busche, Hannes Soltau, Julius Geiler und Matthias Gell demnächst bei der Spurensuche im Müll eines gewissen Milieus zu erleben. Gewandet in orangefarbene Klamotten mit reflektierenden Warnwesten in grün.